Was steckt wirklich hinter der Causa Wien Energie?
Bevor Strom aus der Steckdose kommt, wird er bis zu zehnmal an den Energiebörsen verkauft. Ist das gut so, oder lädt es zum Spekulieren ein? War Bürgermeister Ludwigs Alleingang bei Wien Energie richtig? Eine Expertenrunde diskutiert Lehren aus der Affäre
Ist da ein wildes Spekulationsgeschäft schiefgegangen, oder sind die verrückt spielende Märkte dran schuld, dass Wien Energie staatliche Hilfe in Milliardenhöhe braucht? War die Versorgungssicherheit der Bürgerinnen und Bürger in Gefahr? Und warum wird Strom überhaupt in solchen Mengen an Börsen gehandelt?
Rund um diese Fragen wurde diese Woche beim Video-Talk „STANDARD mitreden“ diskutiert und gestritten. Mit dabei war der langjährige Chef des Energieversorgers Verbund, Wolfgang Anzengruber. Er sagt: Die Energiemärkte zu liberalisieren sei richtig gewesen, für Kunden sei damit der Strom günstiger geworden. Doch nun gehöre staatlich eingegriffen: Die Regeln zur Preisfestsetzung zu ändern („Merit Order“) sei das Mindeste.
Heftig widersprochen wurde ihm da von Lisa Mittendrein von Attac Österreich: Die Logik der Börsen würde Strom- und Gasmärkte nur krisenanfälliger machen. Was ihre Rezepte sind? Die Antworten gibt es im Video.
Mit dabei bei der Diskussion war Lukas Stühlinger, Energie- und Finanzexperte von Fingreen. Er erläuterte, welche Vorschläge nun dazu auf dem Tisch liegen, um die Strompreise runterzubringen, und was diese taugen.
In Unternehmen undenkbar
Der Parteichef der Wiener Grünen, Peter Kraus, und der Jurist Peter Bußjäger sprechen über politische Lehren der Causa. Ist es vertretbar, wenn Bürgermeister Michael Ludwig hier im Alleingang und ohne Kontrolle durch den Gemeinderat 1,4 Milliarden Euro an Wien Energie zuschießen konnte? Bußjäger sieht Reformbedarf für mehr Kontrolle.
Und Ex-Manager Anzengruber sagt, dass in einem großen Unternehmen eine solche Entscheidung nie auf einer Schulter lasten könne. Viel mehr als Spesenabrechnungen habe er als Verbundchef nicht im Alleingang freigeben können.